In Karlsruhe diskutierten Fachärzte und Überdruckmediziner über die Hyperbare Sauerstofftherapie als zusätzliche Behandlung bei nicht heilenden Wunden.
Freiburg/Karlsruhe/Altensteig, 22.04.2010 – In Deutschland werden circa siebzig Prozent aller Amputationen bei Diabetikern durchgeführt. Rund 28.000 Füße sind jährlich davon betroffen. Der Grund: Die mangelnde oder schlechte Sauerstoffversorgung in diesen Füßen lassen oft selbst kleinste Wunden nicht mehr heilen, der Fuß wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, er stirbt ab. Dabei sind es oft minimale Verletzung wie eine Schnittwunde beim Fußnägel schneiden oder ein kleines Druckgeschwür, die sich beim Diabetiker zu einer nicht heilenden, chronischen Wunde entwickeln. Noch wenig bekannt ist selbst in Fachkreisen, welche Möglichkeiten die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) in der Behandlung des Diabetischen Fußsyndroms bietet. Chirurgen, Diabetologen, Orthopäden und Internisten waren daher in der vergangenen Woche in Karlsruhe eingeladen, sich über diese Therapieoption zu informieren.
Hyperbarer Sauerstoff setzt tiefgreifende Regenerationsprozesse in Gang
Den Mechanismus beziehungsweise die physikalische Wirkung von Sauerstoff, der unter Überdruck eingeatmet wird, erläuterte Dr. med. Hellmuth Sümmerer, leitender Arzt am Druckkammerzentrum Freiburg – Zentrum für Tauch- und Überdruckmedizin: „Der Sauerstoff löst sich um das bis zu 20fache im Blut. UnterHBO-Therapie kann wesentlich mehr Sauerstoff wesentlich tiefer ins Gewebe kommen. Diesen Effekt erreicht keine andere Sauerstoff-Anwendung.“ Die Folgen sind wahrlich tief greifend: Bindegewebszellen werden vermehrt, Gefäße neu gebildet, die Bindegewebsfasern nehmen zu, Bakterien in der Wunde werden bekämpft, die Funktion der weißen Blutkörperchen wird verstärkt, Gewebeschwellungen werden vermindert, die Immunlage und der Zustand von Knochen verbessert sich.
Internationaler Einsatz belegt: HBO ist evidenzbasiert und wirtschaftlich
Mit Blick auf die USA zeigte Sümmerer, dass die Hyperbare Sauerstofftherapie als wirtschaftliche und erprobte Therapieoption bei der Behandlung nicht heilender Wunden zum Einsatz kommt. In vielen Wound-Care-Center der Vereinigten Staaten werden die Behandlungskosten bei tiefen diabetischen Wunden von den staatlichen Einrichtungen übernommen. „Erklärte Behandlungsziele dort sind die Vermeidung von Major-Amputationen, die Verbesserung der Wundheilung nach vorausgegangener Operation sowie eine nachhaltige Verbesserung der peripheren Durchblutung. Diese Ziele werden innerhalb eines Behandlungsplanes in aller Regel erreicht.“
In Deutschland verhindern Fallpauschalen der Krankenhäuser die Anwendung der HBO bei Diabetischem Fußsyndrom
In Deutschland erschweren dagegen die Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens den Einsatz der HBO. Private Krankenversicherungen und Beihilfestellen erstatten zwar die Behandlungskosten in der Regel, doch für gesetzlich Versicherte bestehen gravierende Barrieren. „Bei einer stationären Behandlung können gesetzlich krankenversicherte Patienten zwar grundsätzlich die HBO erhalten. Allerdings muss das Krankenhaus die Behandlungskosten aus der begrenzten Fallpauschale zahlen. Dieser Umstand setzt die Möglichkeiten der Krankenhäuser, bei Wundheilungsstörungen die HBO einzusetzen, auf Null“, so Hanspeter Klicznik, Geschäftsführer des Druckkammerzentrums Freiburg und der HBO2-Tagesklinik Freiburg.
Amputationen vermeiden: Professionelles Wundmanagement bedeutet adäquate Vergütung, optimale Koordinierung und HBO als Therapie-Option
Den Blick auf die hiesige ambulante Praxis lenkte Dr. Adolf Berenfeld, Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin in Altensteig: „Durch ein gezieltes professionelles Wundmanagement können Wunden abheilen und Komplikationen durchaus verhindert werden. Wichtig ist bei Diabetikern neben einer guten Zuckereinstellung und den sonstigen Erfordernissen die sogenannte ‚Entstauung’ des Fußes, um die Wundheilung zu erleichtern.“ Berenfeld sieht das derzeitige Vergütungssystem der gesetzlichen Krankenversicherungen kritisch. „Der Arzt muss für seine qualifizierten Dienstleistungen eine angemessene Vergütung erhalten. Nur dann kann er sich intensiv genug um die Versorgung von Wunden kümmern.“ Die Delegation an Sozialdienste ist in seinen Augen nur eine bedingte Hilfe, weil verschiedene medizinische Maßnahmen in die Hände des Arztes gehörten. „Patienten sind allerdings oft bereit, Behandlungskosten selbst zu tragen.“ Der Arzt begrüßt daher die Möglichkeiten der HBO und steht einer Zusammenarbeit mit dem Druckkammerzentrum in Freiburg positiv gegenüber. „Wenn eine Wunde in vernünftiger Zeit nicht abheilt, werde ich dem Patienten die HBO empfehlen.“ Schließlich ginge es darum, ihm ein selbst bestimmtes Leben ohne Schmerzen oder gar dem Verlust eines Unter- oder Oberschenkels zu ermöglichen. „Wir müssen die dramatische Verschlechterung der Lebensqualität durch eine Amputation nach Möglichkeit vermeiden“, so Berenfeld.
Bernhard Sick
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